Macht Lust auf Hydrolate: “Das große Buch der Pflanzenwässer”

Kürzlich schrieb mir eine Kräuterkollegin begeistert von einem neuen Buch über Hydrolate. Derart interessant sei dieses, dass man es – einmal darin losgeblättert – gar nicht mehr aus der Hand geben mag. Mein „Muss-ich-mir-schnellstens-besorgen“-Reflex wurde prompt aktiviert, weshalb ich seit einigen Tagen das so wärmstens empfohlene Werk aufmerksam studiere. Ich kann meiner Kräuterkollegin nur recht geben: „Das große Buch der Pflanzenwässer“ – verfasst von der bekannten „Duftautorin“ Susanne Fischer-Rizzi – stellt wahrlich ein schönes und inspirierendes Werk über Hydrolate dar.


Langsam aber sicher wächst die Fachliteratur über Hydrolate

Am Beginn des 400 Seiten umfassenden Werkes steht ein allgemeiner Teil, der sich Fragen der Haltbarkeit, der Qualität und der richtigen Lagerung von Hydrolaten widmet. Ein eigenes Kapitel gibt einen komprimierten Überblick über die Geschichte der Destillation, darauf folgen Ausführungen, wie Pflanzen gesammelt und verarbeitet beziehungsweise für die Destillation vorbereitet werden sollen. Interessant ist Fischer-Rizzis kurzer Ausflug in die Parawissenschaft, in dem sie auf die Arbeiten des Japaners Masaru Emoto eingeht, demzufolge Wasser auf Gedankenkraft mit veränderten Strukturen reagiert. Damit, dass Wasser als Informationsträger fungiert, wird ja bekanntermaßen auch die Wirkung von homöopathischen Mitteln erklärt.

Was mir als experimentierfreudiger Praktikerin besonders gefällt: Den weitaus größten Teil des Buches – nämlich von Seite 53 bis Seite 367 – nehmen die einzelnen Pflanzenwasser-Portraits ein! Von insgesamt 76 Pflanzen (ich hoffe, ich hab mich nicht verzählt) hat die Aroma- und Duftexpertin zusammengetragen, was DestillateurInnen interessiert: Welcher Pflanzenteil wird verwendet? Frisch oder getrocknet? Wird „aus dem Wasser“ destilliert oder mittels Wasserdampfdestillation? Oder gar unter Zuhilfenahme von Alkohol? Wie wirkt das Hydrolat? Wie wirkt es auf den Körper, wie auf die Psyche? Und wie ist die energetische Wirkung?

So erfuhr ich, dass man Apfelblüten am besten aus dem Wasser heraus destilliert und sich das Wässerchen wunderbar zur milden Pflege von gereizter Haut eignet. Leider kam das Buch für meine aktuelle Apfelblütendestillation um einige Tage zu spät, aber ich freue mich jetzt schon darauf, mein heuriges „klassisches“ (Wasserdampf-)destillat im nächsten Jahr mit einem Hydrolat nach Fischer-Rizzis „Anweisung“ produziertem zu vergleichen.


Angereichert mit Erfahrungsberichten

Auch nett: Wie zufällig hier und da eingestreut, durchziehen das Buch persönliche Erfahrungsberichte von ÄrztInnen, PflegerInnen, TherapeutInnen und sonstigen AnwenderInnen. So erfährt man, dass die Pflegedienstleiterin eines stationären Hospizes bei Herpes zoster vorzugsweise Melissen-Hydrolat anwendet, wobei das Wasser direkt auf die entzündeten Stellen gesprüht wird: „Es wirkt selbst dann gut, wenn vor Schmerzen nicht einmal eine Decke oder eine andere Auflage vertragen wird.“

An anderer Stelle resümiert eine Psychiaterin: „Ich versprühe das Holunderblütenwasser im Raum für Menschen, deren Therapie gerade einen wunden Punkt erreicht hat. Ich lasse den Duft gerne wirken, wenn die Menschen unglücklich sind, sich verletzt und schutzlos fühlen. Es funktioniert als atmosphärisches Erleben.“

Über Rosen-, Lavendel- und Orangenblütenwasser findet sich bereits vieles an Literatur. Fischer-Rizzi beschreibt aber auch viele weniger und auch unbekannte Hydrolate. Etwa Apfelblütenwasser, Monardenwasser, Maulbeerbaumwasser, Frauenhaarfarnwasser, Storchschnabelwasser oder Bärwurzwasser.

Lust aufs Destillieren und Probieren machen auch die vielen Rezepte, die sich im Buch finden. Kleiner Wermutstropfen: Bei einem sehr großen Teil der Rezepturen kommen ätherische Öle zum Einsatz. Dadurch gerät zumindest für meinen Geschmack das Hydrolat etwas zu sehr in den Hintergrund. Zum einen entwickeln Öle gegenüber Hydrolaten recht schnell eine gewisse Dominanz. Zum anderen lassen sich die meisten der in den Rezepturen verwendeten Öle in der eigenen kleinen Haushaltsdestille nicht herstellen, was bedeutet, dass man auf Kaufware zurückgreifen muss und eben nicht primär den selbst destillierten Wirkstoff “spürt”. Für mich selbst habe ich beschlossen, die ätherischen Öle bei den Rezepturen weitgehend außen vor zu lassen beziehungsweise in erster Linie auf solche zurückzugreifen, die bei meinen eigenen Destillationen „abfallen“. Kräuter wie Lorbeer, Eukalyptus, Fenchel, Koriander, Rosmarin oder Lavendel sind da ja durchaus ergiebig.

Alles in allem ist Fischer-Rizzi ein ebenso informatives wie inspirierendes Werk gelungen. Darin herumzustöbern, macht Lust aufs Destillieren und Experimentieren, einfach darauf, in die Welt der Hydrolate so richtig einzutauchen.  

Verfasst: April 2014